ICH MORDE NUR FÜR DICHTER
(fünfzehnter und sechzehnter Dezember
und ein bisschen vom siebzehnten,
zweitausendsieben)
Kurz nach drei Uhr.
Sonnabend Nachmittag.
Ich habe einen Weihnachtsmann erschlagen.
Auf dem Weg nach Berlin.
Ich hatte gute Gründe.
Dennoch.
Das Problem hätte anders gelöst werden können.
Eleganter vielleicht, etwas stilvoller.
Es war Mord.
Skrupelloser Mord.
Er war kleiner als ich,
wesentlich kleiner und wehrlos.
Und er war aus Schokolade.
Den geschändeten Körper,
mit einer Nachricht versehen,
versenkte ich im Briefkasten.
Es war ein perfekter Mord.
Und er hat sich gelohnt.
Der Dichter hat angebissen.
Etwa acht Uhr.
Sonntag Abend.
Kurzes Klingeln neben einem Schild, das den Namen des Dichters trägt. Er erwartet mich, im Türrahmen stehend.
Eine schöne Geste. Ich spüre seit Stunden etwas, was ich für Hunger halte. Wir gehen. Nicht weit.
Scheinheiliges Essen. Darf ich rauchen, fragt der Dichter. Klar doch, ich esse ja nicht, ich stochere ja nur herum. Ein großes und ein kleines Bier, eine urige Kneipe, ein paar Gäste. Laute Musik.
Unsere Worte versuchen, sich anzufassen, um sich nicht zu verlieren zwischen wirbelnden Gedanken, gegen die ein gelangweilter DJ heute keine Chance hat anzukämpfen.
Noch ein Bier? Nö. Wollen wir geh’n?
Die Damentoilette heißt hier Damenklo. Darunter ein Piktogramm, für alle die das nicht mehr lesen können. Wir können noch lesen. Und ich will jetzt den Dichter lesen hören. Zahlen, bitte!
Etwas später
und einen kurzen Fußweg lang danach.
In dem kleinen Raum, der trotz nächtlicher Stunde sonnendurchflutet scheint, ist genügend Platz für zwei Stimmen, eine Gitarre, drei Laptops, unkompliziertes Umgehen, ein Fotoalbum, gedruckte Worte, Musik, eine Flasche Rotwein.
Prince taucht alles in purpurnen Regen und Erinnerungen, die es jetzt nicht geben sollte. Laurie sucht nach Worten, die sie neben die von Ursula legen könnte. Ich bedaure, dass ich Lou nicht mitgenommen habe. Er hätte auch gut zu den Momenten gepasst, die sich den Anschein geben, als knüpften sie an gestern an oder an vorhin oder an gerade eben - also an Momente, die nach
Distanzeliminierung schreien. Wir bilden aus Buchstaben Stufen, über die wir aufwärts streben.
Ist es wirklich schon halb zwei? Oder noch später?
Wir können den Tag nicht verstecken, der sich müde in unseren Augen ausbreitet. Wir können die Zeit nicht knebeln, sie legt sich bleiern auf die Lider. Wir brechen ab. Wir sehen uns wieder.
Ohne Mord. Wir haben ja Telefon.
und ein bisschen vom siebzehnten,
zweitausendsieben)
Kurz nach drei Uhr.
Sonnabend Nachmittag.
Ich habe einen Weihnachtsmann erschlagen.
Auf dem Weg nach Berlin.
Ich hatte gute Gründe.
Dennoch.
Das Problem hätte anders gelöst werden können.
Eleganter vielleicht, etwas stilvoller.
Es war Mord.
Skrupelloser Mord.
Er war kleiner als ich,
wesentlich kleiner und wehrlos.
Und er war aus Schokolade.
Den geschändeten Körper,
mit einer Nachricht versehen,
versenkte ich im Briefkasten.
Es war ein perfekter Mord.
Und er hat sich gelohnt.
Der Dichter hat angebissen.
Etwa acht Uhr.
Sonntag Abend.
Kurzes Klingeln neben einem Schild, das den Namen des Dichters trägt. Er erwartet mich, im Türrahmen stehend.
Eine schöne Geste. Ich spüre seit Stunden etwas, was ich für Hunger halte. Wir gehen. Nicht weit.
Scheinheiliges Essen. Darf ich rauchen, fragt der Dichter. Klar doch, ich esse ja nicht, ich stochere ja nur herum. Ein großes und ein kleines Bier, eine urige Kneipe, ein paar Gäste. Laute Musik.
Unsere Worte versuchen, sich anzufassen, um sich nicht zu verlieren zwischen wirbelnden Gedanken, gegen die ein gelangweilter DJ heute keine Chance hat anzukämpfen.
Noch ein Bier? Nö. Wollen wir geh’n?
Die Damentoilette heißt hier Damenklo. Darunter ein Piktogramm, für alle die das nicht mehr lesen können. Wir können noch lesen. Und ich will jetzt den Dichter lesen hören. Zahlen, bitte!
Etwas später
und einen kurzen Fußweg lang danach.
In dem kleinen Raum, der trotz nächtlicher Stunde sonnendurchflutet scheint, ist genügend Platz für zwei Stimmen, eine Gitarre, drei Laptops, unkompliziertes Umgehen, ein Fotoalbum, gedruckte Worte, Musik, eine Flasche Rotwein.
Prince taucht alles in purpurnen Regen und Erinnerungen, die es jetzt nicht geben sollte. Laurie sucht nach Worten, die sie neben die von Ursula legen könnte. Ich bedaure, dass ich Lou nicht mitgenommen habe. Er hätte auch gut zu den Momenten gepasst, die sich den Anschein geben, als knüpften sie an gestern an oder an vorhin oder an gerade eben - also an Momente, die nach
Distanzeliminierung schreien. Wir bilden aus Buchstaben Stufen, über die wir aufwärts streben.
Ist es wirklich schon halb zwei? Oder noch später?
Wir können den Tag nicht verstecken, der sich müde in unseren Augen ausbreitet. Wir können die Zeit nicht knebeln, sie legt sich bleiern auf die Lider. Wir brechen ab. Wir sehen uns wieder.
Ohne Mord. Wir haben ja Telefon.
Luna in flagranti - 3. Jan, 10:43