Frauen mit kleinen Handtaschen
Gegen 10 Uhr ist die S-Bahn nicht mehr ganz so voll, bereits nach 2 Stationen hatte ich sogar einen Fensterplatz erstanden. Glücklich setzte ich mich schnell, nahm meine große Tasche auf den Schoß und einige überfällige Korrekturfahnen, als beim nächsten Halt der nette Herr zu meiner Rechten einer heftig ins Handy gestikulierenden Dame seinen Platz überließ.
Wohlgekleidet und gut frisiert bezog sie mich, kaum dass sie saß, in ihre derzeitigen Probleme ein. Zwei Stationen später war ich im Bilde.
Sie war sehr frustriert. Wegen abundanter erektiler Dysfunktion sähe sie ihre frugalen Bedürfnisse nicht mehr ausreichend befriedigt und wenn Karl-Heinz nicht bald etwas dagegen unternähme, sei sie wohl oder übel gezwungen, ihre Konkupiszenz anderswo auszuleben und eine Disconnection der Beziehung wäre somit auf Dauer auch nicht mehr auszuschließen, immerhin ... Die letzten Worte gingen im geräuschvollen Bremsen der Bahn unter.
Während sie sich erhob, bedankte ich mich höflich für das nette Gespräch. Nicht ohne Neid sah ich ihr nach, wie sie tänzelnd das Abteil verließ, mit ihrem kleinen Täschchen unter dem Arm. Dann zog ich aus meiner Tasche mein zerfleddertes Fremdwörterbuch hervor, ohne das ich mich kaum mehr aus dem Haus getraue. - Ich bewundere Frauen mit kleinen Handtaschen, sie wirken so gebildet.
Luna in flagranti - 23. Apr, 02:48